Vergaberecht in Ungarn

Vergaberecht ist auf zwei Ebenen geregelt: Grundregeln sind europarechtlich bestimmt, d.h. dass das Europarecht Mindestforderungen, sowie Musterregeln bestimmt. Außerdem ist dieses Bereich in den jeweiligen Mitgliedstaaten in reinen nationalen Gesetzten auch geregelt, wie z.B. in Ungarn im Gesetz Nr. CXLIII von 2015 – über die Vergabe öffentlicher Aufträge (im Weiteren: Kbt.).

Anknüpfungspunkt zwischen die zwei Rechtsgebiete ist der Schwellenwert der jeweiligen öffentlichen Auftragsvergabe: beträgt der geschätzte Auftragswert eine höhere Summe als der EU-Schwellenwert, müssen die Vorschriften des strengeren EU-Vergabeverfahrens eingehalten werden. EU-Schwellenwerte werden jährlich von der Europäischen Kommission festgelegt und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Die ungarische Gesetzgebung

Ein Vergabeverfahren muss durchgeführt werden, wenn im Kbt. bestimmten Organen bzw. Personen Beschaffungen in Bezug auf ein Lieferauftrag, Bauauftrag oder ein Dienstleistungsauftrag realisieren möchten. Dies gilt für Konzessionen auch. Prinzip bei dem personellen Geltungsbereich des Gesetzes ist, dass an staatlichen Quellen teilhabenden (d.h.: Ministerien, bestimmte zentrale Beschaffungsstellen, die Staat sowie die Kommunal,- und Selbstverwaltungen, oder rechtsfähigen Organisationen, die zur Ausübung einer Tätigkeit von ausdrücklich öffentlichem Interesse gegründet worden) Organen, bzw. Personen auf Vergabeverfahren verpflichtet sind. Diese, auf Vergabeverfahren verpflichteten zusammen werden als öffentliche Auftraggeber bezeichnet.

Unter öffentlichen Auftraggebern versteht man die klassischen Auftraggeber, öffentliche Versorgungsunternehmen als öffentlichen Auftraggeber sowie die geförderten Auftraggeber. Außerdem ermöglicht das Gesetz, sich freiwillig oder vertraglich zu den Klauseln des Gesetzten anzuschließen.

Das öffentliche Vergabeverfahren ist unter Nutzung der durch die Behörde für öffentliche Auftragsvergaben betriebenen elektronischen Anwendung für die öffentliche Auftragsvergabe durchzuführen. Über das neue System können Sie aus unserem nächsten Artikel mehr erfahren.

Transparenz

Transparenz ist eine der maßgebenden Prinzipien der Vergabeverfahren, deswegen haben die Veröffentlichung mittels Bekanntmachung, sowie die Öffentlichkeit eine garantielle Bedeutung. Bekanntmachungen müssen von den jeweiligen öffentlichen Auftraggebern auf elektronischem Weg bzw. auf elektronische Weise, wie in einer gesonderten Rechtsnorm festgelegt ist, zur Veröffentlichung an die Behörde für öffentliche Auftragsvergaben einem in einer gesonderten Rechtsnorm festgelegten Muster entsprechend zuschicken. Eine gesonderte Rechtsnorm enthält die detaillierten Regeln der anzuwendenden Muster der Bekanntmachungen, sowie ihre verbindlichen inhaltlichen Elemente.

Außerdem wird die Transparenz sowohl von schriftlicher Kommunikation zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und den Wirtschaftsteilnehmer als vom einem öffentlichen Jahresplan der öffentlichen Auftraggeber, der spätestens bis zum 31. März zusammengefasst werden muss, auch gefördert. Jahrespläne, sowie andere, im Kbt. bestimmten Angaben werden in der durch die Behörde für öffentliche Auftragsvergaben betriebenen Datenbank für öffentliche Auftragsvergaben veröffentlicht.

Aus wettbewerblichen und durchsichtigkeitlichen Gründen ist die Öffnung von Angeboten auch im Kbt. detailliert geregelt. Betroffene sind berechtigt, bei der Öffnung teilzunehmen sowie über die anderen angekommenen Anträge, und zwar ihre Preisgestaltung informiert zu werden.

Beurteilung, Bewertung

Bewertung der Angebote ist eine engere Kategorie als die Beurteilung: während der Bewertung wird geprüft, ob die Angebote bzw. Teilnahmeanträge den in den Dokumenten der öffentlichen Auftragsvergabe sowie in den Rechtsnormen festgelegten Bedingungen entsprechen. Bewertung dagegen bedeutet, die von dem öffentlichen Auftraggeber durchgeführte, den Bewertungskriterien (niedrigster Preis, niedrigste Kosten, bestes Preis-Leistungs-Verhältnis – Art. 76§ Kbt.) entsprechende Bewertung der Angebote.

Information über die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers

Ist die Beurteilung der Angebote abgeschlossen, muss eine schriftliche Zusammenfassung über die Angebote bzw. Teilnahmeantrage angefertigt werden, worüber der Bieter möglichst schnell, doch spätestens innerhalb von drei Arbeitstagen nach der darüber gefassten Entscheidung schriftlich informiert werden muss.

Vertragsschluss

Aufgrund eines erfolgreichen öffentlichen Vergabeverfahrens ist der Vertrag mit dem siegreichen Bieter dem Inhalt der im öffentlichen Vergabeverfahren übermittelten endgültigen Bedingungen, des Vertragsentwurfs und des Angebots entsprechend schriftlich abzuschließen (Art. 131.§ Kbt).

Erfüllung des Vertrages

Regeln der Erfüllung wurden im Zusammenhang der Vorschriften bezüglich der Erfüllung des ungarischen Bürgerlichen Gesetzbuches (im Weiteren: Ptk.) erfasst, enthält aber das Kbt. manche spezielle Vorschriften in Bezug auf Auszahlung bei Bauaufträgen.

Kontrollierung

Die Behörde für öffentliche Auftragsvergaben darf die Erfüllung sowie Änderung der Verträge kontrollieren und im Falle einer Vertragsverletzung ein Verfahren vor der Schiedsstelle für öffentliche Auftragsvergaben bzw. vor dem Gericht anregen.

dr. Dobos István Rechtsanwalt (ügyvéd; Budapest) / dr. Szandra Reim

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