Gründung einer Zweigniederlassung von einem ausländischen Unternehmen in Ungarn

Die Erwartung bezüglich des Inkrafttretens des neuen Gesetzes Nr. V von 2013 über das Bürgerliche Gesetzbuch war die Erhöhung der Anzahl von neu gegründeten Zweigniederlassungen von ausländischen Unternehmen in Ungarn. Niederlassungen können mit den gleichen Bedingungen, wie eine GmbH betriebt werden, ist aber die Vorschriften bezüglich des Grundkapitals (HUF 3 Million) sind nicht einzubehalten. Die wichtigsten Informationen, die auf die steuerrechtliche, sowie firmenrechtliche Vorschriften einer Zweigniederlassung  beziehen werden in dieser Zusammenfassung umgefasst.

Definition und Funktion einer Zweigniederlassung

Die Definition einer Zweigniederlassung wird im Gesetz Nr. CXXXII von 1997 – über die Zweigniederlassungen und Handelsrepräsentanzen von Unternehmen mit ausländischem Sitz in Ungarn gegeben. Im Sinne dieses Gesetzes ist eine Zweigniederlassung: die über keine Rechtspersönlichkeit verfügende und mit einer wirtschaftlichen Eigenständigkeit ausgestattete Organisationseinheit des ausländischen Unternehmens, die als eigenständige Unternehmensform in der inländischen Firmenregistratur als Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens eingetragen wurde.

Eine Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens ist im Sinne der ungarischen Rechtsvorschriften eine autonome Unternehmensform, die mit der Eintragung ins Grundbuch zustande kommt. Nach der Eintragung ins Grundbuch ist zwar eine Zweigniederlassung berechtigt, inländische Tätigkeit zu üben, hat sie aber keine Rechtspersönlichkeit. Dementsprechend vertritt die Zweigniederlassung in Ungarn als nicht eine autonome, unabhängige Entität, sondern eine, die die Interessen des ausländischen Unternehmens im wirtschaftlichen Leben Ungarns repräsentiert. Die Zweigniederlassung ist rechtsfähig, d.h. dass sie unter ihrer Name zugunsten des ausländischen Unternehmens Rechte und Pflichte erwerben kann – sie kann z.B. Verträge schließen, jemanden verklagen, sie ist aber auch klagbar. Eine Zweigniederlassung funktioniert unter der Direktiven und Kontrolle der Eigentümer, ihr Vermögen gehört zum Vermögen der „Muttergesellschaft“.

Errichtung einer Zweigniederlassung

Eine Zweigniederlassung kommt durch die Eintragung ins Grundbuch zustande, eine Unternehmenstätigkeit ist aber erst nach der Firmenregistrierung möglich. Die zur Firmenzeichnung berechtigten Personen können nach dem Eingabe des Registrierungsantrags im Namen und zugunsten der Zweigniederlassung vertreten, sind aber alle die Dokumente mit dem Zusatz „bejegyzés alatt” („in Gründung”, Abkürzung: „b. a.”) versieht werden müssen. Die Zweigniederlassung ist nicht berechtigt, bis zu der Registrierung eine, zur behördlichen Genehmigung (Gründungs-, Tätigkeits-, sowie Niederlassungsgenehmigung) gebundene Tätigkeit auszuüben.

Im Firmennamen der Zweigniederlassung muss der Name der ausländischen Unternehmen versieht werden. Die ungarische Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens gilt als Sitz während des handelsgerichtlichen Verfahrens. Sitz, Niederlassung und Zweigniederlassung einer Gesellschaft ist nur eine Immobilie sein, welche im Eigentum der Gesellschaft steht, oder welche aufgrund eines Rechtsgrundes von der Gesellschaft genutzt werden kann.

Vertretung einer Zweigniederlassung

Vertretung einer Zweigniederlassung kann von einer Person versieht werden, die ihre Aufgaben im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder einem dauerhaften Arbeitsverhältnis ausübt, sowie die über einen inländischen Wohnsitz verfügt. Zur Vertretung der Zweigniederlassung ist eine Person nicht berechtigt, wer wegen des Begehens einer Straftat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist solange er nicht von den an die Vorstrafe gebundenen nachteiligen Folgen befreit wird. Keine Person mit Vertretungsaufgaben darf sein, wer hinsichtlich dieser Tätigkeit rechtskräftig mit Berufsverbot belegt wurde.

Die zur Vertretung der Zweigniederlassung berechtigten Personen dürfen in ihrer Namen einen Vertrag, der zum Tätigkeitsbereich der Gesellschaft gehören nur schließen, wenn es im Gründungsdokument erlaubt ist, oder wenn sie über einen schriftlichen Beschluss bezüglich der Genehmigung der Vertretung verfügen, der von der ausländischen Gesellschaft stammt. So ein Beschluss ist zum Erwerb von Kapitalen auch benötigt, wenn eine zur Vertretung des Unternehmens berechtigte Person eine Beteiligung an Gesellschaften erwerben möchte – mit Ausnahme der Aktien von offenen Aktiengesellschaften, die als Haupttätigkeit dieselbe Wirtschaftstätigkeit wie die Gesellschaft betreibt, bei der sie eine Person mit Vertretungsaufgaben ist.

Zur Vertretung der Zweigniederlassung berechtigte Personen und deren nahe Angehörigen laut § 685 Buchstabe b BGB dürfen in das Tätigkeitsprofil der Zweigniederlassung fallende Geschäfte in ihrem eigenen Namen nur abschließen, wenn dies das Dokument über die Bildung der Zweigniederlassung oder das Unternehmen mit ausländischem Sitz durch einen schriftlichen Beschluss erlaubt. Die schriftliche Erlaubnis des Unternehmens mit ausländischem Sitz ist auch notwendig, damit die zur Vertretung der Zweigniederlassung berechtigte Person eine Beteiligung an einer anderen Wirtschaftsorganisation erwirbt, die dieselbe Tätigkeit wie die Zweigniederlassung verrichtet, worunter nicht der Aktienerwerb an einer offenen Aktiengesellschaft zu verstehen ist.

Betrieb einer Zweigniederlassung

Das ausländische Unternehmen wird bei der Bildung und Betreibung seiner Zweigniederlassung den Wirtschaftsorganisationen mit Sitz im Inland gleichgestellt, in manchen Fällen sind aber andere Bedingungen für sie im Gesetz festgelegt. Wichtig ist, dass eine Zweigniederlassung darf im Namen des ausländischen Unternehmens keine Vertretungstätigkeit betreiben.

Das ausländische Unternehmen muss fortlaufend das zur Betreibung der Zweigniederlassung bzw. zur Begleichung der Schulden erforderliche Vermögen bereitstellen. Das Unternehmen mit ausländischem Sitz und die Zweigniederlassung haften solidarisch und unbeschränkt für die bei der Tätigkeit der Zweigniederlassung entstandenen Schulden. Bei der Vollstreckung von Schulden, die im Zusammenhang mit der über die Zweigniederlassung betriebenen Tätigkeit entstanden sind, kann die Vollstreckung für das gesamte im Inland auffindbare Vermögen des ausländischen Unternehmens betrieben werden. Auf Grund von diesen Bedingungen ist eine Zweigniederlassung mehr anlockend, als ein, vom ausländischen Unternehmen gegründete Kft. oder Tochterunternehmen.

Das ausländische Unternehmen kann über die unter dem Firmennamen der Zweigniederlassung erworbenen Vermögenswerte und Rechte bzw. übernommenen Verpflichtungen im eigenen Firmennamen nur bei der Auflösung der Zweigniederlassung bzw. im Laufe der in diesem Gesetz festgelegten Verfahren bei Zahlungsunfähigkeit sowie in den im Zusammenhang mit den unter dem Firmennamen der Zweigniederlassung erworbenen Vermögenswerten, Rechten bzw. Verpflichtungen im Ausland eingeleiteten Verfahren verfügen.

Die Vorschriften zur Buchführung der Zweigniederlassung, zur Erstellung des Abschlusses bzw. zur Offenlegung und Veröffentlichung des Abschlusses sowie die damit zusammenhängenden spezifischen Regeln und Befreiungen enthalten die Rechtsnormen zur Rechnungslegung. Die Zweigniederlassung wird – wenn ein Gesetz es nicht anders verfügt – als Deviseninländer angesehen. Nach den für die Inländer maßgebenden Regeln sind auch die Außenhandelsverträge abzuschließen bzw. bei den genehmigungspflichtigen Geschäften – wenn eine Rechtsnorm es nicht anders verfügt – die Genehmigungen zu beschaffen.

Erwerbstätigkeit bei einer Zweigniederlassung

Die bei der Zweigniederlassung beschäftigten Personen stehen mit dem ausländischen Unternehmen in einem Rechtsverhältnis; die Arbeitgeberrechte übt das ausländische Unternehmen über seine Zweigniederlassung aus. Bei der Löschung der Zweigniederlassung aus dem Handelsregister sind die für die Auflösung des Arbeitgebers ohne Rechtsnachfolger verbindlichen Regeln des AGB anzuwenden, ausgenommen, wenn das ausländische Unternehmen den Arbeitnehmer zur Arbeitsverrichtung in Ungarn entsandt hat.

Bei Zahlungsunfähigkeit zu verfolgendes Verfahren

Die Einleitung eines gegen das ausländische Unternehmen im Ausland angeregten Hauptinsolvenzverfahrens (Verfahren zu Zwecken der Reorganisation oder Liquidation) muss die Zweigniederlassung innerhalb von acht Tagen nach der Einleitung des ausländischen Verfahrens beim Handelsregistergericht anmelden und gleichzeitig muss das Firmenamtsblatt auf seiner Internetseite den wesentlichen Inhalt des Beschlusses zur Einleitung des ausländischen Insolvenzverfahrens sowie – wenn es einen solchen gibt – des Beschlusses zur Bestellung des vom ausländischen Gericht oder von der ausländischen Behörde bestellten Verwalters veröffentlichen. Das gegen das ausländische Unternehmen im Ausland angestrengte Hauptinsolvenzverfahren erstreckt sich außer den Fällen der Verordnung (EU) 2015/848 auf die Zweigniederlassung in Ungarn, wenn in Bezug darauf eine zwischen Ungarn und dem das Hauptinsolvenzverfahren einleitenden ausländischen Staat ausgestaltete Gegenseitigkeit besteht. Wenn sich das gegen das ausländische Unternehmen im Ausland eingeleitete Hauptinsolvenzverfahren nicht auf die Zweigniederlassung in Ungarn erstreckt, ordnet der Gerichtshof laut dem Ort der Eintragung der Zweigniederlassung aufgrund der Mitteilung des Handelsregistergerichts von Amts wegen die Liquidation der Zweigniederlassung an. Bei der Liquidation der Zweigniederlassung und der Veröffentlichung und Registrierung der mit der Liquidation zusammenhängenden Daten sind die Festlegungen im Gesetz Nr. XLIX von 1991 über das Vergleichsverfahren, das Konkursverfahren und die Liquidation (Insolvenzgesetz) (im Weiteren: Insolvenzgesetz bzw. InsolvG) mit den Abweichungen laut § 22 anzuwenden. Wenn das ausländische Unternehmen im Zusammenhang mit seiner über die Zweigniederlassung in Ungarn betriebenen unternehmerischen Tätigkeit zahlungsunfähig wird und das gegen das Unternehmen anzustrengende Insolvenzverfahren nicht unter die Verordnung (EU) 2015/848 fällt bzw. es für die Insolvenzverfahren mit dem Staat laut dem Sitz des ausländischen Unternehmens auch keine Gegenseitigkeitspraxis gibt, können die Gläubiger bei dem nach der Eintragung der Zweigniederlassung zuständigen Gerichtshof die Liquidation der Zweigniederlassung beantragen. Bei dem Verfahren sind die Vorschriften des Insolvenzgesetzes zum Insolvenzverfahren mit den Abweichungen laut § 22 anzuwenden. Das Gericht stellt das Insolvenzverfahren ein, wenn das ausländische Unternehmen oder die Zweigniederlassung zur Befriedigung der im Verfahren angemeldeten Gläubigeransprüche eine Sicherheit leistet. Über das nach Abschluss des Insolvenzverfahrens der Zweigniederlassung verbleibende Vermögen verfügt das ausländische Unternehmen.

Die wichtigste Vorschrift ist, dass bezüglich alle der entstandenen Schulden wird das ausländische Unternehmen als Schuldner betrachtet. Unter das Vermögen der Zweigniederlassung wird alle das Vermögen verstanden, das zum ausländischen Unternehmen gehört.

Auflösung einer Zweigniederlassung

Die Zweigniederlassung wird durch das Löschen aus der Firmenregistratur aufgelöst. Der Antrag auf Löschung der Zweigniederlassung ist innerhalb von sechzig Tagen nach der darauf bezogenen Entscheidung des Unternehmens mit ausländischem Sitz beim Registergericht einzureichen. Auf Antrag kann das Registergericht die Zweigniederlassung beim gemeinsamen Bestehen der folgenden Umstände aus der Firmenregistratur löschen:

a) das ausländische Unternehmen hat im Zusammenhang mit dem Betrieb der Zweigniederlassung in Ungarn keine öffentlichen Schulden,

b) die Zweigniederlassung hat im Firmenamtsblatt einen Aufruf über die Auflösung unter der Maßgabe veröffentlicht, daß die Gläubiger ihre Forderungen innerhalb von dreißig Tagen bei ihr anmelden können, doch ist keine Anmeldung mit derartigem Inhalt eingetroffen oder wurde die Forderung des Gläubigers beglichen bzw. darauf eine Sicherheit gewährt,

c) im Zusammenhang mit der über seine Zweigniederlassungen betriebenen Tätigkeit ist gegen das ausländische Unternehmen in Ungarn kein behördliches oder Gerichtsverfahren (einschließlich des Schiedsgerichtsverfahrens) im Gange oder die Zweigniederlassung bzw. das ausländische Unternehmen hat in den anhängigen Verfahren eine Sicherheit zur Befriedigung der Vermögensansprüche gewährt,

d) gegen das ausländische Unternehmen bzw. die Zweigniederlassung ist kein Insolvenzverfahren im Gange.

Ein Bestehen der in Absatz 2 Buchstaben a bis c festgelegten Bedingungen ist nicht Voraussetzung für das auf Antrag erfolgende Löschen der Zweigniederlassung, wenn der Staat laut dem Sitz (der Eintragung) des ausländischen Unternehmens mit Ungarn in Bezug auf die Zivilrechts- und Handelssachen einen internationalen Vertrag über die Gerichtsjurisdiktion und die Vollstreckung der Gerichtsbeschlüsse sowie das Eintreiben öffentlicher Schulden besitzt oder diese Fragen von den rechtlichen Normen der Europäischen Gemeinschaft geregelt werden. Die Zweigniederlassung muss aber auch in diesem Fall im Firmenamtsblatt eine Bekanntmachung über ihre Auflösung mit dem Hinweis veröffentlichen, dass die Gläubiger ihre Verbindlichkeiten binnen dreißig Tagen bei der Zweigniederlassung anmelden sollen, und ferner ist auch eine Information darüber zu erteilen, in was für einem Verfahren die Gläubiger die nicht befriedigten Forderungen geltend machen können.

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dr. Dobos István / dr. Reim Szandra

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