Gerichtliches Verfahren in Ungarn

Im Rahmen der Justizreform wurde das System der Gerichte in Ungarn mit Wirkung vom 1. Januar 2012 von der ungarischen Regierung umgestaltet. Zurzeit verfügt Ungarn über ein vierstufiges Gerichtssystem.

Das bedeutet, dass die Rechtssprechung
a) von der Kurie,
b) von den Tafelgerichten,
c) von den Gerichtshöfen, und
d) von der Kreisgerichten
ausgeübt wird. Die oben genannten Gerichte funktionieren als ordentliche Gerichte, sie können also ihre Aufgaben der Rechtspflege sowohl in zivilrechtlichen, als auch in strafrechtlichen Angelegenheiten ausüben. Die bestimmten Gerichte teilen sich für besondere Gruppen und Kollegien, die direkt für Straf- oder Zivilsachen zuständig sind. Die erste Instanz bilden die Kreisgerichte – und in bestimmten Sachen oder über einen bestimmten Prozesswert – die Gerichtshöfe. Die Tafelgerichten und die Kurie funktionieren als Berufungs- und Revisionsinstanzen.
Die einzige Gruppe der Sondergerichte bilden in Ungarn die Verwaltungs- und Arbeitsgerichte.
Im Folgenden werden das Verlauf und die wichtigsten Verfahrensregeln einer Zivilprozess dargestellt.

I. Verlauf der Zivilprozess

1. Klageschrift

Das Verlauf des Zivilprozesses in Ungarn ist im Gesetz Nr. III von 1952 (im Weiteren: ZPO) geregelt. Laut des Gesetzes ist der Prozess mit der Klageschrift einzuleiten. Das Gericht untersucht die Klageschrift sofort und leitet die notwendigen Maßnahmen ein. Das Gericht sorgt spätestens innerhalb von dreißig Tagen nach dem Eingang der Klageschrift beim Gericht für das Ansetzen eines Verhandlungstermins, zu dem es die Parteien vorlädt. Es ist gut zu wissen, dass die meisten Verfahren nicht während einer Verhandlung beendet werden können, in meisten Fällen dauert die Beweisungsprozess länger.

2. Die wichtigsten verfahrensrechtlichen Rechtsinstitutionen während einer Zivilprozess: Klagebeantwortung, Klageänderung, Widerklage

In Ungarn wird das Zivilverfahren von den Parteien beherrscht, deshalb haben sowohl der Kläger, als auch der Beklagte mehrere verfahrensrechtlichen Möglichkeiten im Zusammenhang mit der Klage. Die wichtigsten davon sind werden unten dargestellt.
Zu Beginn der ersten Verhandlung wird die Klageschrift verlesen, danach gibt der Kläger eine Erklärung dazu ab, ob er seine Klage unverändert aufrechterhält oder diese ändert. Nach der Erklärung des Klägers bringt der Beklagte seinen Gegenantrag ein, der entweder auf die Einstellung des Prozesses gerichtet ist oder eine sachbezogene Verteidigung bzw. eine Gegenforderung gegenüber dem Klageantrag des Klägers enthält.
Der Kläger kann seine Klage bis zum Abschluss der Verhandlung vor der Urteilsverkündung erster Instanz jederzeit ändern, wenn das mit der geänderten Klage geltend gemachte Recht Im Zusammenhang mit der ursprünglichen Klage auftaucht.
Bis zum Abschluss der Verhandlung vor der Urteilsverkündung erster Instanz kann der Beklagte gegen den Kläger eine Widerklage erheben, aber auch nur dann, wenn das als solches geltend zu machen beabsichtigte Recht mit der Klage im Zusammenhang steht.

3. Beweisführung

Die zur Entscheidung des Prozesses notwendigen Fakten muss im Allgemeinen die Partei nachweisen, in deren Interesse es steht, dass das Gericht diese als wahr ansieht. Beweismittel sind insbesondere Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten, Augenscheine, Dokumente und sonstige Sachbeweise. Das Gericht bewertet die Beweise in ihrer Gesamtheit und entscheidet nach seiner Überzeugung, er wird bei der Bewertung von Rechtsnormen oder von der Klage nicht beschränkt.

II. Kosten des Verfahrens

Anhand der ungarischen ZPO Prozesskosten sind alle die Kosten, die in Verbindung mit der zweckmäßigen und redlichen Prozessführung der Parteien sowohl vor Gericht als auch außerhalb des Gerichts aufgetreten sind. Zu den Prozesskosten sind auch die Barauslagen und das Honorar des die Partei vertretenden Rechtsanwalts, Rechtsberaters bzw. Patentanwalts hinzuzurechnen.
Das Gericht entscheidet über das Tragen der Prozesskosten im Urteil, zur Zahlung der Kosten der obsiegenden Partei ist die unterliegende Partei zu verpflichten. Die mit dem Beweisverfahren einhergehenden Kosten sind von der beweisführenden Partei vorzustrecken.
Für das Verfahren des Zivilgerichtes muss die anregende Partei bei der Einleitung des Verfahrens eine bestimmte Gebühr entrichten. Die Bemessungsgrundlage der Gebühr bildet der Wert des Prozessgegenstandes. Die Gebühr beträgt in einem Prozessverfahren sechs Prozent, doch mindestens fünfzehntausend Forint und höchstens eine Million fünfhunderttausend Forint.

III. Rechtsmittel in dem Zivilprozess

In der ungarischen Zivilprozess stehen den Parteien sowohl ordentliche, als auch außerordentliche Rechtsmittel zu Verfügung. Ordentliches Rechtsmittel ist die Berufung, weil sie nur gegen solchen Urteile eingelegt werden kann, die noch nicht rechtskräftig sind.
Gegen ein rechtskräftiges Urteil ist die Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig, zum Beispiel dann, wenn sich die Partei auf einen solchen Sachverhalt oder Beweis beruft, den das Gericht im Prozess nicht entschieden hat-
Auf Grund einer Rechtsverletzung können die Parteien bei der Kurie die Revision des rechtskräftigen Urteils beantragen.

IV. Vollstreckung des rechtskräftigen Urteils

Der Gericht ist an der Klage (Widerklage) gebunden, deshalb darf sich das Urteil nicht über den Klageantrag bzw. den Gegenantrag hinaus erstrecken.
Zur Erfüllung einer im Beschluss festgelegten Pflicht ist in der Regel eine Frist von fünfzehn Tagen zu setzen. Wenn die unterliegende Partei die im Urteil bezeichneten Verpflichtung nicht erfüllt, kann die obsiegende Partei das Verlauf eines Vollstreckungsverfahrens beantragen.

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