Softwareentwicklung unter Ungarischem Recht

Die Software-Entwicklungstätigkeit erfordert eine speziales Fachwissen und ist von der Codierung bis zu der Prüfung des Endproduktes immer ein langer Prozess. Deswegen ist es auch keine Frage, dass man das Endprodukt vor der rechtswidrigen Verbreitung, Nutzung und vor der Verletzung des Urheberrechts schützen muss.

Die allgemeinen Regeln für die Nutzung einer Software befinden sich im Gesetz Nr. LXXVI von 1999 über das Urheberrecht (im Weiteren: Szjt.). Die konkreten Nutzerrechte werden meistens von Lizenzverträgen geregelt.  Da unter den Schutzmitteln der Urheberrechte das Recht die größte Rolle spielt, werden in diesem Artikel die Regeln bezüglich der Entwicklung und Nutzung einer Software aus dem Sichtpunkt des ungarischen Rechtes erklärt.

1. Grundlage für den urheberrechtlichen Schutz einer Software

Die Software- stehen unter urheberrechtlichem Schutz. Gemäß § 1 Absatz (2) Satz c) Szjt. fallen alle Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst unter urheberrechtlichen Schutz, unabhängig davon, ob das Gesetz sie aufführt. Als solche Werke werden insbesondere alle Arten von Computerprogramme angesehen und die dazugehörenden Dokumentationen (im Weiteren: Software), die sowohl im Quellenkode als auch im Sachkode oder auf eine andere Art und Weise gespeichert wurden, einschließlich der Anwenderprogramme und Operationssysteme. Dieser Schutz gilt unabhängig von einer jeweiligen Registrierung, er entsteht kraft Gesetzes, wenn die Software die Erfordernisse eines im Szjt. definierten Werkes erreicht. Diese wird im 1 § Absatz (3) Szjt. beschrieben: Der urheberrechtliche Schutz steht den Werken aufgrund ihres der geistigen Betätigung des Urhebers entspringenden individuellen und ursprünglichen Charakters zu. Der Schutz hängt nicht von quantitativen, qualitativen und ästhetischen Kennwerten oder einem auf das Niveau der Werke bezogenen Werturteil ab. Der urheberrechtliche Schutz erfordert also, dass das Werk einen individuellen und ursprünglichen Charakter hat und es muss keine spezielle Registrierung oder Anmeldung des Werkes bei einer Behörde erfolgen, jedoch kann es wegen Beweisfragen hilfreich sein, die Software bei dem freiwilligen Werkregister der SZTNH (Nationale Behörde für Urheberrechte) anzumelden.

2. Als was für eine Vertragsart gilt der Software-Entwicklungsvertrag?

Die IT-Verträge gelten am meisten als atypische und komplexe Verträge, in welchem verschieden Vertragsarten, wie z.B. Elemente des Werkvertrages, Auftragsvertrages und Kaufvertrages sich vermischen. Aus diesen Gründen geschieht es in der Praxis oft, dass die Parteien die Entwicklung und Nutzung der Software irrigerweise im Rahmen eines Werk-, Auftrag- oder Kaufvertrages regeln. Das ist aber nicht ausreichend, da alleine durch die Übergabe der Software werden die verschiedenen Urheberrechte wie z.B. Nutzungs-, Verbreitungs-, Veröffentlichungs- und Kopierechte noch nicht erworben. Da die Software als eines von der Szjt. geregelten Werkes gilt, unterliegt sie speziellen Regeln. So ein Werk können wir nämlich ohne einen Verwertungsvertrag (Lizenzvertrag) oder ohne einen Vertrag für Rechteübertragung nicht benutzen, da die Urheberrechte bei dem Urheber bleiben.

Bei der Abgrenzung dieser Vertragsarten ist es besonders wichtig zu betonen, dass es bei einem Verwertungsvertrag der Urheber aufgrund seiner ausschließlichen Rechte Erlaubnis für die Nutzung der Software gibt. Ein Vertrag für Rechteübertragung ist in diesem Sinne breiter, da durch so einen Vertrag die Vermögensrechte übertragt werden.

3. Die Festlegung des Werkes – die Software (der Vertragsgegenstand)

Wie schon erwähnt wurde, gilt der urheberrechtliche Schutz auch für Computerprogramme und die dazugehörenden Dokumentationen (Software), die sowohl im Quellenkode als auch im Sachkode oder auf eine andere Art und Weise gespeichert wurden, einschließlich der Anwenderprogramme und Operationssysteme. Gemäß § 1 Absatz (6) können aber Ideen, Grundsätze, Überlegungen, Verfahren, Betriebsmethoden oder mathematische Operationen kein Gegenstand des urheberrechtlichen Schutzes sein. Das bedeutet, dass z.B. Algorithmen, verschieden Arten von Software-Funktionen, Datenbanken oder Datensequenzen nicht unter urheberrechtlichen Schutz stehen und damit auch nicht Gegenstand eines Verwertungsvertrages sein können.

In einem Software-Entwicklungsvertrag ist die Festsetzung der Spezifikation (funktionale und nicht-funktionale Anforderungen an ein System) besonders wichtig, welche den Auftraggeber und den Entwickler gleicherweise schützt. Diese befindet sich im Praxis meistens in den Anhängen des Vertrages. Falls die Parteien nicht klar regeln, wer für die Verfertigung der Spezifikation zuständig ist wird es in der aktuellen justiziellen Praxis als die Verantwortung des Auftraggebers behandelt. Unabhängig davon ist es nicht unrechtmäßig, wenn die Parteien sich so entscheiden, dass die Verfertigung der Spezifikation von Seite der mit Fachkenntnissen ausgestatteten Auftraggeber zu erfolgen hat.

4. Die Genehmigung zur Verwertung

Gemäß § 16 Absatz (1) Szjt. darf man für die Verwertung der Software nur durch einen Verwertungsvertrag die Genehmigung erwerben: Auf Grund des urheberrechtlichen Schutzes besitzt der Urheber ein ausschließliches Recht zu jeglicher Verwertung des Werkes als Ganzes oder irgendeines identifizierbaren Teils davon in materieller und immaterieller Form und auf Zustimmung jeder einzelnen Verwertung. In Ermangelung einer abweichenden Bestimmung dieses Gesetzes kann die Genehmigung zur Verwertung durch einen Verwertungsvertrag erworben werden.

Die Verwertungsgenehmigung ist das vorgeschriebene Element jedes Software-Entwicklungsvertrages.  Ohne diese Genehmigung erwirbt der Auftraggeber keine Verwertungsrechte. Es ist wichtig zu betonen, dass einen Verwertungsvertrag nicht die Übergabe der Urheberrechte bedeutet. In der Genehmigung kann der Entwickler feststellen, in welchem Maße der Auftraggeber für die Nutzung der Software berechtigt ist, es steht also in dem Interesse aller beiden Parteien, den Inhalt der Genehmigung ausführlich zu beschreiben.

5. Vertrag für die Übertragung der Vermögensrechte

Gemäß § 55 Absatz (1) sind die Bestimmungen zum Verwertungsvertrag auch auf die Verträge zur Übertragung der Vermögensrechte eines Urhebers entsprechend anzuwenden.

Die Vermögensrechte einer Software sind übertragbar, eine Übertragung wird dadurch nicht verhindert, dass der Erwerber nicht in Ungarn ansässig ist. Bei einer vollen Rechtsübertragung bezieht sich die Übertragung auf allen Vermögensrechte des Urheberrechts und auch auf die weiteren Übertragungen. Es ist wichtig zu betonen, dass der Entwickler nur bei einem Rechtsübertragungsvertrag gesetzlich verpflichtet ist Gewähr zu leisten. Bei einem einfachen Verwertungsvertrag (Lizenzvertrag) kommt die Pflicht zur Gewährleistung nur dann vor, wenn die Parteien sich darüber einigen.

6. Das Honorar, als Entgelt der Software-Entwicklung

Als Entgelt für die Rechtsübertragung und Verwertungsgenehmigung ist der Auftraggeber/Nutzer verpflichtet Lizenzgebühren zu zahlen. Da der Entwickler gleichzeitig werkverträgliche Tätigkeiten ausübt und auch Urheberrechte überträgt, ist das Honorar so festzulegen, dass es alle beide Honorartypen beinhaltet. Diese sind das Arbeitsentgelt (20-30%) und die Lizenzgebühr (70-90%), wessen Proportionen nach der Vereinbarung der Parteien aber auch anders geregelt werden können. Vor allem ist es wegen der Steuern und Sozialabgaben wichtig, in welchen Proportionen die Honorartypen geregelt sind.

Falls der Nutzer die Software ohne die Zahlung eines Entgelts oder Genehmigung nutzt kann man gegen ihn Sanktionen geltend machen, welche im XIII. Artikel der Szjt. befindlich sind. Falls der Nutzer damit auch materiellen Verlust verursacht, begeht er die Straftat „Verletzung der Urheber- oder mit dem Urheberrecht verwandten Rechte“ gemäß § 385 Btk. (Gesetz Nr. C von 2012 über das Strafgesetzbuch).

7. Überprüfung, Übergabe und Überarbeitung einer fertigen Software

Eine neu entwickelte Software gilt als fertiggestellt, wenn alle im Vertrag und Spezifikation beschriebene Funktionen und die damit verbundenen Dokumentationen vollendet sind und für die ordnungsgemäße Nutzung geeignet ist. Sonst unterliegt diese Frage den Erfüllungs-Regeln der Ptk.

Gemäß Ptk. muss der Entwickler die Software im Rahmen eines Abnahmeverfahrens übergeben, bei dem die Parteien die im gegebenen Geschäftszweig üblichen Prüfungen vornehmen, die zur Feststellung der vertragsgemäßen Ausführung dienen. Gemäß den Regelungen müssen die mit dem Abnahmeverfahren zusammenhängenden Überprüfungen von dem Auftraggeber durchgeführt werden. Falls nach dem Willen der Parteien die Überprüfungen die Pflicht des Entwicklers sind, muss dies im Vertrag festgehalten werden.  In der Praxis werden diese Überprüfungen oft von beiden Parteien durchgeführt. Es ist immer zweckvoll die Überprüfung in zwei Phasen zu regeln, indem die Software erstens vom Entwickler und zweitens vom Auftraggeber überprüft wird, mit der Übergabe eines Überprüfungsprotokolls. Es ist wichtig zu betonen, dass eine noch nicht existierende Software als ein zukünftig zu schaffendes Werk gilt, welche dem § 49 und § 60 Absatz (4) Szjt. unterliegt. Gemäß den genannten Regelungen muss der Nutzer innerhalb von vier (!) Monaten nach der Übergabe des Werkes eine Erklärung abgeben. Wenn der Nutzer das Werk zur Überarbeitung zurückgibt, zählt die Frist von der Übergabe des ausgebesserten Werkes an. Wenn der Nutzer innerhalb der zur Annahme offen stehenden Frist keine Erklärung abgibt, ist das Werk als angenommen zu betrachten.

8. Formalitäten

Ein Software-Entwicklungsvertrag ist gemäß § 45 Absatz (1) Szjt. immer – wenn das Gesetz es nicht anders verfügt – schriftlich abzufassen.  Die Ausnahme ist im § 60 Absatz (5) befindlich. Laut dessen ist die schriftliche Abfassung des auf die Verwertung der Software bezogenen Vertrages beim Erwerb eines Werkexemplars der Software im Handelsverkehr nicht verbindlich.

9. Geheimhaltung

Geheimhaltungsmaßnahmen sind ein wichtiger Bestandteil jeder Software-Entwicklungsverträge, da Ideen, Grundsätze, Überlegungen, Verfahren, Betriebsmethoden und mathematische Operationen kein Gegenstand des urheberrechtlichen Schutzes sein können. Dürfen wir diese aber als Geschäftsgeheimnisse verfassen?

Geschäftsgeheimnisse und das geschützte Wissen (Know-how) wird vom Gesetz Nr. LIV von 2018 über den Schutz von Geschäftsgeheimnisse geregelt. Laut dem Gesetz sind Geschäftsgeheimnisse all die mit einer Wirtschaftstätigkeit verbundenen, geheimen – insgesamt oder als Gesamtheit ihrer Elemente nicht allgemein bekannten oder den die betreffende Wirtschaftstätigkeit betreibenden Personen nicht leicht zugänglichen – und infolge dessen verkehrsfähigen Fakten, Informationen, sonstigen Daten und aus diesen angefertigten Zusammenstellungen, im Interesse von deren Geheimhaltung der Geheimnisinhaber das in der gegebenen Situation im Allgemeinen zu erwartende Verhalten an den Tag legt. Geschütztes Wissen (Know-how) sind die als Geschäftsgeheimnis angesehenen, auf eine zur Identifikation geeignete Weise festgehaltenen technischen, wirtschaftlichen oder organisatorischen Kenntnisse, Lösungen und Erfahrungen oder deren Zusammenstellung. Aus diesen Regeln kann man auslesen, dass es möglich ist Ideen, Grundsätze, Überlegungen usw. die mit der Entwicklung einer Software zusammenhängen als Geschäftsgeheimnisse oder als geschütztes Wissen absichern.

dr. Dobos István Rechtsanwalt (ügyvéd; Budapest) / Schwartz Dániel

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